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Before the Summer Rain

All at once, from all the green in the park,
some something, you can’t say what, is missing;
you feel it coming close to the windows
and staying still. From the forest, there’s only

the strong, imploring call of the plover—
one thinks of a Saint Jerome—
so much lonliness and zeal rising up
out of that one voice, that a downpour

must answer. The walls of the hall have,
with their pictures, withdrawn from us,
as if forbidden to hear what we say.

It reflects in the faded wallpapers,
that unsettled afternoon light
you feared as a child.

 

Vor dem Sommerregen

Auf einmal ist aus allem Grün im Park
man weiß nicht was, ein Etwas fortgenommen;
man fühlt ihn näher an die Fenster kommen
und schweigsam sein. Inständig nur und stark

ertönt aus dem Gehölz der Regenpfeifer,
man denkt an einen Hieronymus:
so sehr steigt irgend Einsamkeit und Eifer
aus dieser einen Stimme, die der Guß

erhören wird. Des Saales Wände sind
mit ihren Bildern von uns fortgetreten,
als dürften sie nicht hören was wir sagen.

Es spiegeln die verblichenen Tapeten
das ungewisse Licht von Nachmittagen,
in denen man sich fürchtete als Kind. 

The Swan

This toiling through all that remains undone,
heavy, moving as if bound,
is like the awkward gait of a swan.

And dying, this letting go
of the ground we stand on every day,
is like his anxious settling down

into the water, which receives him,
passes happily beneath him,
pulls him back, wave by wave,
while he, infinitely calm and secure,
ever more regal, mature, and serene,
lets himself be drawn away.

 

Der Schwann

Diese Mühsal, durch noch Ungetanes
schwer und wie gebunden hinzugehn,
gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes.

Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen
jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn,
seinem ängstlichen Sich-Niederlassen:

in die Wasser, die ihn sanft empfangen
und die sich, wie glücklich und vergangen,
unter ihm zurückziehen, Flut um Flut;
während er unendlich still und sicher
immer mündiger und königlicher
und gelassener zu ziehn geruht.

Black Cat

A ghost is still like a place
your glance can strike with a sound;
but here, on this black fur, even
your strongest gaze will be dissolved:

like a madman who, in his fullest
frenzy, stomps into the darkness
till stopped by the padded walls
of his cell and evaporates.

Every gaze that’s ever fallen on her
she seems to conceal within herself,
so she can menace them and sullenly
look them over and sleep with them.
But all at once, she’s awake
and turns to face you: and there
you meet your own gaze,
trapped in the amber stone
of her round eyes,
like an extinct insect.

 

Schwarze Katze 

Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle, 
dran dein Blick mit einem Klange stößt; 
aber da, an diesem schwarzen Felle 
wird dein stärkstes Schauen aufgelöst: 

wie ein Tobender, wenn er in vollster 
Raserei ins Schwarze stampft, 
jählings am benehmenden Gepolster 
einer Zelle aufhört und verdampft. 

Alle Blicke, die sie jemals trafen, 
scheint sie also an sich zu verhehlen, 
um darüber drohend und verdrossen 
zuzuschauern und damit zu schlafen. 
Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt, 
ihr Gesicht und mitten in das deine: 
und da triffst du deinen Blick im geelen 
Amber ihrer runden Augensteine 
unerwartet wieder: eingeschlossen 
wie ein ausgestorbenes Insekt. 

The Blind

Paris

Behold, he goes and interrupts the city—
which lies outside his darkened place—
like a dark crack running through
a bright cup. And like a blank page,

which reflects every painted thing,
he doesn’t take any of it in.
Only his feelings stir, as if catching
the world in small waves:

a silence, a resistance —
he seems to be waiting on whom to choose:
then, giving himself over, he puts
his hand up festively, as if to marry.

 

 

Der Blinde

Paris

Sieh, er geht und unterbricht die Stadt,
die nicht ist auf seiner dunkeln Stelle,
wie ein dunkler Sprung durch eine helle
Tasse geht. Und wie auf einem Blatt

ist auf ihm der Widerschein der Dinge
aufgemalt; er nimmt ihn nicht hinein.
Nur sein Fühlen rührt sich, so als finge
es die Welt in kleinen Wellen ein:

eine Stille, einen Widerstand —,
und dann scheint er wartend wen zu wählen:
hingegeben hebt er seine Hand,
festlich fast, wie um sich zu vermählen.

A Withering

Lightly, as if after her death,
she wears the gloves, the shawl.
A scent from her dresser
has displaced the familiar smell

she once knew herself by. Now
it’s been a long time since she’s asked
who she was (: a distant relation).
She wanders in thoughts,

caring for an anxious room
that she arranges and preserves,
because the same girl
may be living there still.

 

 

Eine Welke

Leicht, wie nach ihrem Tode,
trägt sie die Handschuh, das Tuch.
Ein Duft aus ihrer Kommode
verdrängte den lieben Geruch,

an dem sie sich früher erkannte.
Jetzt fragte sie lange nicht, wer
sie sei (: eine ferne Verwandte),
und geht in Gedanken umher

und sorgt für ein ängstliches Zimmer,
das sie ordnet und schont,
weil es vielleicht noch immer
dasselbe Mädchen bewohnt.

Translated by Scott Taylor

Read more:
Four Rilke Translations

Archaic Torso of Apollo

We did not know his unheard-of head
in which the apples of his eyes ripened.
Yet his torso still glows like a candelabra
in which his vision, just turned down,

holds its own and shines. Otherwise, the bow
of his chest could not blind you, and a smile
could not run through the slight turn of the loins
to this center which carried creation.

Otherwise, this stone would stand disfigured and small
under the transparent fall of the shoulders
and would not flicker like the fur of a beast

and would not burst out of its borders
like a star: for there is no place
that does not see you. You must change your life.

 

Archaischer Torso Apollos

Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt,
darin die Augenäpfel reiften. Aber
sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber,
in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,

sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug
der Brust dich blenden, und im leisen Drehen
der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen
zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stünde dieser Stein enstellt und kurz
unter der Shultern durchsichtigem Sturz
und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und brächte nicht aus allen seinen Rändern
aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,
die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.

The Panther

     in the Jardin des Plantes, Paris

His gaze has, from the passing by of the bars,
grown so weary, that it no longer holds anything.
It seems to him, there are a thousand bars,
and behind a thousand bars, no world.

The soft tread of strong supple steps
which turn in the smallest of all circles,
is like a dance of power around a center
where a great will stands numbed.

Only sometimes, does the curtain of his pupil
silently open—then an image enters,
and moves through the silent tension of the limbs
and into his heart, where it ceases to be.

 

Der Panther

     Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vomVorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf — dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille —
und hört im Herzen auf zu sein.

Autumn Day

Lord, it is time. The summer was huge.
Lay onto the sundials your shadow
and let the winds loose upon the fields.

Command the last fruits to be full.
Give to them two more warm southern days,
urge them to perfection, and chase
into the heavy wine, the last sweetness.

Whoever has no house now, will not build one.
Whoever is alone now, will remain so for a long time,
will stay awake and read, write long letters,
and wander up and down the avenues,
restless when the leaves are blown.

 

Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiel den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird Es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Night-Walk

Nothing is comparable. For what is not completely
itself alone, and what can ever be expressed?
We name nothing. We can only endure,
realizing that here a glint
and there a glimpse has touched us perhaps,
as if our life was lived in them.
For the one resisting, the world will not become.
And the one who knows too much
will be overlooked by the eternal. At times,
on such huge nights, we are,
as if out of danger, dealt in equal light parts
to the stars. How pressing they are.

 

 

Nächtlicher Gang

Nichts ist vergleichbar. Denn was ist nicht ganz
mit sich allein und was je auszusagen;
wir nennen nichts, wir dürfen nur ertragen
und uns verständigen, daß da ein Glanz
und dort ein Blick vielleicht uns so gestreift
als wäre grade das darin gelebt
was unser Leben ist. Wer widerstrebt
dem wird nicht Welt. Und wer zuviel begreift
dem geht das Ewige vorbei. Zuweilen
in solchen großen Nächten sind wir wie
außer Gefahr, in gleichen leichten Teilen
den Sternen ausgeteilt. Wie drängen sie.